Das Bild zeigt Prof. Dr. Wolfgang Kunz von der LMU München, eine der Universitäten des BORN-Projektes

Standardisierte Befundungsvorlage für Sarkome im BORN-Projekt des BZKF: Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Kunz der LMU München

Sarkome, eine seltene und äußerst heterogene Gruppe bösartiger Tumore, betreffen sowohl das Weichgewebe als auch die Knochen und stellen aufgrund ihrer Vielfalt und der komplexen Behandlung eine besondere Herausforderung dar.

An der LMU München wird im Rahmen des Bayerischen Onkologischen Radiologie Netzwerks (BORN) intensiv daran gearbeitet, standardisierte Befundungsvorlagen für die radiologische Diagnostik und Therapie von Sarkomen zu entwickeln. Diese strukturierten Befundungsvorlagen werden systematisch erarbeitet und später mit den anderen am BORN-Projekt beteiligten Kliniken geteilt. Ziel ist es, die Konsistenz und Effizienz radiologischer Diagnosen deutlich zu steigern.

Diese gemeinsame Entwicklung und Anwendung  solcher Vorlagen ist zentraler Bestandteil des Netzwerks, das sich inzwischen in der zweiten Förderphase befindet. In einem früheren Interview blickten wir bereits auf die Anfänge des Projektes zurück und sprachen mit Dr. Maurice Heimer von der Klinik und Poliklinik für Radiologie am LMU Klinikum über die Entwicklung der Befundungsvorlage für die Lunge.

In diesem Interview widmen wir uns nun der zweiten Förderphase, um mehr über die Herausforderungen und Chancen bei der Erstellung von Befundungsvorlagen für Sarkome zu erfahren. Dafür haben wir mit Prof. Dr. Wolfgang Kunz von der LMU München gesprochen.

Herr Prof. Kunz, warum haben Sie sich für Sarkome entschieden?

Die Gruppe der Patientinnen und Patienten mit Sarkomen stellt eine große klinische Herausforderung dar. In der onkologischen Bildgebung zeigen sich Sarkome sehr heterogen und unterscheiden sich in ihrem Verhalten zu anderen soliden Malignomen. Dies beeinflusst das lokale Staging sowie die Beurteilung des Therapieansprechens, was den Bedarf an einer Standardisierung deutlich gemacht hat – und genau das konnten wir mit mint Lesion™ umsetzen.

Zu den Herausforderungen in der Diagnostik und Therapie von Sarkomen in der Radiologie gehören zum einen eine hohe Interdisziplinarität: die Behandlung erfordert Zusammenarbeit über verschiedene Fachdisziplinen hinweg. Dazu kommt die Seltenheit, denn Sarkome machen weniger als 1% aller Krebserkrankungen aus. Hinzu kommen die vielfältigen Subtypen: Es gibt ein breites Spektrum an Subtypen, die jeweils sehr unterschiedlich behandelt werden müssen.

Eine Standardisierung der Befundung ist daher nicht nur hilfreich, sondern aus unserer Sicht fast unverzichtbar. Die LMU verfügt zudem über große interdisziplinäre Expertise und eine umfassende Ausstattung für Diagnostik und Therapie von Sarkomen – das spricht dafür, dass diese Vorlagen von uns übernommen wurden.

Sarkome sind eine heterogene Gruppe von malignen Tumoren. Was ist für Sie die größte Herausforderung bei der Definition einer Befundungsvorlage für alle Weichteil- und Knochensarkome?

Sarkome in verschiedenen anatomischen Lokalisationen zeigen erhebliche Unterschiede im Phänotyp und Tumorverhalten. Ein einzelnes Template würde dieser Komplexität nicht gerecht werden. Deshalb ist es notwendig, Vorlagen spezifisch für bestimmte Sarkomgruppen anzupassen. Wir haben uns deshalb entschieden, zunächst eine Befundungsvorlage für viszerale Sarkome im Retroperitoneum zu erstellen und planen weitere Vorlagen, speziell für Extremitätensarkome.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Befundungsvorlage erstellt und verwendet wird?

Wir freuen uns besonders auf die standardisierte Datenerhebung und Befunderstellung. Einheitliche Befunde bieten enorme Vorteile in der klinischen Zusammenarbeit. Besonders euphorisch sind wir darüber, die erste Datenplattform zu etablieren, die multizentrische, prospektive wissenschaftliche Projekte erheblich vereinfachen wird.

 

Prof. Dr. Wolfgang Kunz, MHBA, ist Bereichsleiter der Onkologischen Bildgebung und Leiter des Zentrums für Kooperationsstudien. Sein klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt auf onkologischer und neurovaskulärer Bildgebung. Neben der bildgebenden Forschung gilt sein Interesse auch der Kosten-Nutzen-Analyse von diagnostischen Bildgebungsalgorithmen und therapeutischen interventionellen radiologischen Verfahren.

Das BORN-Projekt verfolgt seit dem Start im August 2022 das Ziel, die Krebsversorgung in Bayern durch eine standardisierte Bildgebung und Befundung maßgeblich zu optimieren. Im Rahmen des Bayerischen Zentrums für Krebsforschung (BZKF) wird eine einheitliche Forschungs- und Behandlungsplattform aufgebaut, von der sowohl Patientinnen und Patienten als auch Ärztinnen und Ärzte bayernweit profitieren.

Durch die enge Zusammenarbeit der sechs Universitätskliniken in Augsburg, Erlangen, den beiden Münchener Standorten sowie Regensburg und Würzburg werden Fachwissen und Expertise in der Früherkennung, Behandlung und Nachsorge von Krebserkrankungen gebündelt. Dies gewährleistet eine umfassende und interdisziplinäre Betreuung für alle Betroffenen.

Ähnliche Inhalte

Ähnliche Inhalte

Study Analyzing the Tumor Growth Rate as a Prognostic Biomarker in Lymphoma Patients Under CAR T-Cell Therapy

Universitätsklinikum München (LMU): Studie zur Analyse der Tumorwachstumsrate als prognostischer Biomarker bei Lymphompatienten unter CAR-T-Zelltherapie

In einer aktuellen Studie [1] untersuchten Forscher des Universitätsklinikums München (LMU) die Rolle der Tumorwachstumsrate (TGR) bei der Vorhersage…

Ein Bild von einer Person, die einen Gehirnscan auf der Programmoberfläche von mint Lesion™ auf einem Computer betrachtet

Neuro-Onkologie vorantreiben: Mint Medical integriert die neu veröffentlichten RANO 2.0-Kriterien in mint Lesion™

Glioblastome und andere Gliome sind die häufigsten bösartigen primären Hirntumorarten, doch es gibt nur wenige wirksame Therapien. Klinische Forschung…

Ein Bild von Radiologen, die auf einen Bildschirm schauen, auf dem das Restaging des HNSCC angezeigt wird

Studie hebt das Potenzial von Radiomics in medizinischen Interventionen hervor

Eine kürzlich an der Medizinischen Universität Innsbruck durchgeführte Studie hebt das Potenzial von Radiomics zur Untersuchung der Effekte einer…