Das Projekt RACOON-RESCUE: Fortschritte in der Diagnostik und Therapie von pädiatrischen Non-Hodgkin-Lymphomen

Pädiatrische Non-Hodgkin-Lymphome (NHL), eine Form des Lymphknotenkrebses, ist die vierthäufigste Tumorart im Kindes- und Jugendalter. Radiologische Untersuchungen sind neben invasiver Diagnostik wie Biopsien, Lumbal- und Knochenmarkspunktionen ein wesentlicher Bestandteil der Diagnostik beim pädiatrischen NHL und für die Auswertung des Ansprechens unerlässlich. Die radiologischen Verfahren sind jedoch für pädiatrische NHL nur unzureichend standardisiert, eine Referenzbeurteilung ist nicht etabliert.

Im RACOON-RESCUE Projekt möchten daher Forscher:innen aus der Kinder-/Radiologie und der Kinderonkologie aus allen deutschen Universitätskliniken gemeinsam vorhandene Bilddaten strukturiert erfassen und auswerten, um das radiologische Staging, das Ansprechen der Patient:innen auf die Behandlung und die Nachsorge besser beurteilen zu können.

Wir sprachen mit den Projektleitenden, Frau Prof. Dr. Diane Renz und Herrn Prof. Dr. Wilhelm Wößmann, um mehr über das Projekt zu erfahren.

Welche neuen Ansätze verfolgen Sie, um die Diagnostik von pädiatrischen NHL zu verbessern, und welche Herausforderungen müssen dabei überwunden werden?

Renz: RACOON-RESCUE ist ein multizentrisches Tandem-Projekt der Kinderonkologien und (Kinder-)Radiologien aller deutschen Universitätskliniken. Die Diagnostik von NHL-Patient:innen im Kindes- und Jugendalter wird im Rahmen von RACOON-RESCUE verbessert, indem ein einzigartiger repräsentativer und multimodaler Datensatz entsteht, der für Vorhersagemodelle des Therapieansprechens genutzt wird. Der Datensatz besteht aus klinischen Daten und Bilddaten. Klinische Daten von NHL-Patient:innen werden aus dem NHL- Berlin-Frankfurt-Münster (BFM)-Register mit den entsprechenden Bilddaten aus den lokalen Universitätskliniken zusammengebracht und mittels Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) analysiert und ausgewertet. Dabei liegt der Fokus auf der Entwicklung eines standardisierten Workflows, einschließlich Segmentierungsverfahren, die genutzt werden, um Organe zu extrahieren und Pathologien zu erkennen. Gleichzeitig soll eine strukturierte Befundung als standardisierte radiologische Berichterstattung etabliert werden. Ein Ziel von RESCUE ist es, qualitative und quantitative bildbasierte Biomarker zu gewinnen und basierend auf diesen und weiteren Bildparametern Vorhersagemodelle für das Therapieansprechen zu entwickeln, um somit die Versorgung von NHL-Patient:innen zu verbessern.

Wößmann: Eine große Herausforderung im RACOON-RESCUE-Projekt sind neben den unterschiedlichen ethischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Projektstandorte, die datenschutzkonforme Verarbeitung der Bild- und Registerdaten an und zwischen den Standorten sowie in der übergreifenden Auswertungsplattform RACOON-CENTRAL. Mittels eines mehrstufigen De-Identifizierungsverfahrens, das im Rahmen eines detaillierten Datenschutzkonzeptes mit dem Datenschutzbeauftragten der MHH ausgearbeitet wurde, soll diese Herausforderung gemeistert und der datenschutzkonforme Umgang mit Patient:innen-Daten gesichert werden. 

Wie trägt das RACOON-RESCUE Projekt zur Verbesserung der klinischen Praxis bei, und welche Rolle spielen dabei das NHL-Berlin-Frankfurt-Münster Register und die künstliche Intelligenz?

Wößmann: RACOON-RESCUE trägt zur Verbesserung der klinischen Praxis bei, indem es die Diagnostik von NHL-Patient:innen im Kindes- und Jugendalter, z.B. durch ein besseres initiales Staging, optimieren möchte. Das NHL-BFM-Register enthält klinische und biologische Daten über die Therapie und deren Ansprechen bei pädiatrischen NHL-Patient:innen. Diese Daten werden mit den entsprechenden Bilddaten aus den lokalen Universitätskliniken de-identifiziert zu einer Datenbank zusammengebracht, um mittels KI bildbasierte Biomarker zu extrahieren. RESCUE wird den Grundstein für eine standardisierte radiologische Befundung sowie für einen automatisierten Bildanalyse-Workflow in der radiologischen Diagnostik von pädiatrischen NHL-Patient:innen legen. In dem automatisierten Workflow werden beispielsweise Segmentierungen durchgeführt, um Pathologien, wie Tumoren, zu erkennen. Standardisierte Befundungstemplates können als Referenz für die Befundung dienen. Die Ergebnisse aus RESCUE sollen die Entwicklung optimierter und individualisierter Diagnose- und risikoadaptierter Therapiekonzepte ermöglichen. Darüber hinaus wird der in RACOON geschaffene regulatorische Rahmen erweitert, sodass dieser in künftigen Projekten mit ähnlichen Datenverarbeitungsanforderungen und unabhängig der Erkrankung genutzt werden kann. RESCUE kann damit ein großer Gewinn für weitere Patient:innen mit einer anderen Krebserkrankung sein.

Inwieweit wird die existierende RACOON-Infrastruktur benutzt?

Renz: Die Universitätskliniken, die bereits in RACOON beteiligt sind und somit bereits einen regulatorischen Rahmen geschaffen haben, nehmen an RACOON-RESCUE teil. Darüber hinaus werden im RESCUE-Projekt Netzwerkinfrastrukturen genutzt, die im Rahmen von RACOON etabliert wurden. Dazu gehören unter anderem Hardwareknoten (RACOON-NODES), die an jeder Universitätsklinik implementiert sind, als auch die cloudbasierte zentrale Analyseumgebung RACOON-CENTRAL. Zusätzlich ist die Unterstützung der Standortinformatiker:innen der RACOON-Forschungsinfrastruktur von großer Bedeutung, die mit ihrer Unterstützung beim Bilddatenupload der einzelnen Standorte einen wichtigen Beitrag zu RACOON-RESCUE leisten.

 

RACOON-RESCUE-Studienleitung:

Prof. Dr. Diane Renz ist Fachärztin für Radiologie mit Schwerpunktbezeichnung Kinder- und Jugendradiologie. Sie leitet den Arbeitsbereich Kinderradiologie im Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Medizinischen Hochschule Hannover. Darüber hinaus ist Prof. Renz Vizepräsidentin der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie.

Prof. Dr. Wilhelm Wößmann ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Kinder-Hämatologie und -Onkologie und stellvertretender Klinikdirektor der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Zudem ist Prof. Wößmann gemeinsam mit Frau Prof. Burkhardt (Münster) Studiengruppenleitung der NHL-BFM-Studiengruppe.

Weitere Mitglieder der „RACOON-Ranger“ in RACOON-RESCUE sind:

  • Dr. Ann-Katrin Heymann ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin/Projektmanagerin im Arbeitsbereich Kinderradiologie im Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Medizinischen Hochschule Hannover.
  • Dr. Fabian Knörr ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.
  • M. Benedikt Krüger ist Assistenzarzt im Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Medizinischen Hochschule Hannover.
  • Marcel Eicke ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter/Informatiker im Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover.
  • Konrad Wienecke ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter/Informatiker im Arbeitsbereich Kinderradiologie im Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Das Projekt RACOON-RESCUE wird vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der MHH in Zusammenarbeit mit der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf koordiniert. Beteiligt sind alle deutschen Universitätskliniken, die im Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) zusammengeschlossen sind, das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg und drei technische Partner, darunter Mint Medical GmbH.

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